OÖ. Gewerbe und Handwerk von Konsum- und Investitionszurückhaltung geprägt

Spartenobmann Pecherstorfer: Entlasten und Impulse setzen, damit die Stimmung dreht und die Kehrtwende in absehbarer Zeit gelingt

„Vor drei Monaten, kurz nachdem die Bundesregierung das Wohnbaupaket vorgestellt hat, war ich zuversichtlich, dass die Konjunktur ab dem 3. Quartal wieder anspringen sollte. Dem war leider nicht so. Der große Bau- und baunahe Bereich als Motor für viele Branchen im Gewerbe und Handwerk ist in der Rezession und dürfte in diesem Jahr auch nicht herauskommen“, fasst Michael Pecherstorfer (Foto), Obmann der über 46.000 aktiven Gewerbe- und Handwerksbetriebe in Oberösterreich, die Lage zusammen. Laut Konjunkturbeobachtung der KMU Forschung Austria verharren Geschäftslage und Erwartungen im oö. Gewerbe und Handwerk auf einem niedrigen Niveau.

Ein reales Umsatzminus von 9,7 Prozent im 1. Quartal nach 5,6 Prozent im Gesamtjahr 2023, eine schwache Entwicklung im 2. Quartal 2024 — 22 Prozent der Betriebe beurteilen die Geschäftslage mit „gut“, aber 37 Prozent mit „schlecht“ — eine geringe Investitionsbereitschaft und die Problemthemen hohe Energie-, Rohstoff- und Materialpreise, ein ungesunder Mix an Bürokratismen, hohe Abgabenlasten (Lohnnebenkosten) und die unsägliche KIM-Verordnung, die Eigenheim-Investitionen für viele unmöglich macht, kennzeichnen den Status quo. „Diese Gemengelage lassen das oö. Gewerbe und Handwerk mit viel Vorsicht in die Zukunft schauen“, kommentiert Pecherstorfer. Deshalb bleiben die Erwartungen für die nächsten Monate bescheiden. Nur 16 Prozent der Betriebe erwarten im laufenden Quartal ein Plus bei Auftragseingängen bzw. Umsätzen (Vorjahr: 13 Prozent) und 30 Prozent ein Minus (Vorjahr: 33 Prozent).

Pecherstorfer von Kehrtwende überzeugt: Voraussetzungen sind da
Als „Optimist“ ist Pecherstorfer überzeugt, dass sich die Stimmung in absehbarer Zeit ins Positive drehen wird. „Die Voraussetzungen sind da. Zum einen ist die Inflation in Europa und in Österreich langsam aber doch auf dem Rückzug, die Europäische Zentralbank EZB hat die Zinssenkungsphase bereits eingeläutet, weitere Zinssenkungsschritte sollten noch heuer folgen. Zum anderen sollte das milliardenschwere Wohnbaupaket allmählich greifen“, so Pecherstorfer. Da der Bau von Wohnungen und Eigenheimen genauso wie das Sanieren lange Vorlaufzeiten hat, rechnet Pecherstorfer mit „einem spürbaren Anspringen der Baukonjunktur frühestens in den letzten Monaten des Jahres“.

Schneller könnte es gehen, wenn die KIM-Verordnung (KIM = Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen), die das Verhindern einer Immobilienblase als Hauptziel hat, ganz gestrichen wird. Pecherstorfer: „Wenn sich laut Statistik Austria die Zahl der baubewilligten Wohnungen von 84.822 im Jahr 2019 auf 46.565 im Jahr 2023 um fast die Hälfte verringert hat und heuer im 1. Quartal mit rund 10.700 ein neuer Quartalsminusrekord verzeichnet wurde, kann kein Mensch mehr von der Gefahr einer Immobilienblase sprechen.“

Zweifellos braucht das Gewerbe und Handwerk kräftige Impulse für Konsum und Investitionen. Die ökologisch-energetische Transformation, das Greifen des Wohnbaupakets der Bundesregierung und des Handwerkerbonus sollten der Konjunkturlokomotive Bau einen ersten Schub verleihen. Der oö. Gewerbeobmann plädiert darüber hinaus für ein Aus der KIM-Verordnung, Entlastungen bei Lohnnebenkosten und Lohn- und Einkommenssteuersätzen sowie — ganz wichtig — für eine Investitionsprämie Neu. Pecherstorfer: „Bringt man nur einen Teil davon noch vor der Nationalratswahl auf den Weg, kann die Lokomotive Bau viel Zugkraft entfalten und viele Branchen aus dem Investitionsgüter- wie dem Konsumsektor mitziehen.“

Über den Autor

Dr. Rainer Hilbrand
Medieninhaber u. Geschäftsführer

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