Einzelne Sektoren sollen die Umsetzung in ihrem eigenen Verantwortungsbereich federführend ausgestalten
Die Zustimmung zur EU-Renaturierungsverordnung ist in Österreich unter Missachtung einer rechtlich bindenden, einheitlichen Bundesländer-Stellungnahme erfolgt. Nun soll sich der Europäische Gerichtshof mit der Aufhebung dieser Verordnung auseinandersetzen. Nachdem die Verordnung bis zu einer Entscheidung trotzdem in Kraft treten wird, fand heute eine außerordentliche Landesagrarreferent/innen-Konferenz (LARK) aller acht Flächenbundesländer statt, um über die Umsetzung der umstrittenen Verordnung zu beraten.
Die bundesländerübergreifende Abstimmungsrunde hat die Kernpunkte für eine mögliche nationale Umsetzung, insbesondere die Einrichtung einer gemeinsam getragenen Koordinierungsstelle festgelegt. LARK-Vorsitzende Michaela Langer-Weninger betont: „Die Länder, Gemeinden sowie die jeweils betroffenen Sektoren, insbesondere die Land-, Forst- und Wasserwirtschaft, sind vollumfänglich bei der Umsetzung der EU-Renaturierungsverordnung einzubeziehen und müssen in ihrem Zuständigkeitsbereich in führender Verantwortung sein. Wir haben uns heute auf eine klare starke Position geeinigt, mit der wir in schwierige Verhandlungen eintreten werden.”
Die Vorsitzende Landesrätin Michaela Langer-Weninger betont weiter: „Falls es zu einer Umsetzung der Verordnung kommt, muss Schluss mit Ideologie sein. Anstatt weiterer Alleingänge des Klimaschutzministeriums braucht es eine gemeinsame Vorgangsweise, um negative Auswirkungen auf die Länder, Wirtschaft, Gemeinden sowie die Land-, Forst- und Wasserwirtschaft zu verhindern. Zudem würde mit der Umsetzung eine massive Kostenlawine auf die Steuerzahler zurollen. Hier braucht es eine Abschätzung der Folgekosten sowie entsprechende Ausgleichzahlungen für die zu setzenden Maßnahmen. Vor allem bereits geleistete Vorleistungen und die zahlreichen Naturschutz- und Biodiversitätsmaßnahmen müssen vollumfänglich berücksichtigt und angerechnet werden”, so die LARK-Vorsitzende. Die Landesagrarreferent/innen haben darüber hinaus festgehalten, dass eine mögliche nationale Umsetzung die ländliche Infrastruktur, insbesondere im Bereich Energie, Verkehr, Tourismus und leistbaren Wohnbau nicht gefährden darf.
Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig bezieht ebenfalls klar Position: „Mit der EU-Renaturierungsverordnung drohen den Österreicherinnen und Österreichern massive Eingriffe. Jetzt braucht es Sachverstand anstatt ideologischer Alleingänge. Nur wenn die Betroffenen selbst die Umsetzung dieser umstrittenen Verordnung in die Hand nehmen, kann Naturschutz gelingen. Alles andere würde die Versorgung mit Lebensmitteln gefährden, den Wirtschaftsstandort Österreich massiv schwächen und die Entwicklung unserer Regionen gefährden.”
Die Landesagrarreferent/innen einigten sich gemeinsam mit Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig auf folgende Eckpunkte für die weiteren Arbeiten:
1. Keine ideologischen Alleingänge mehr: Gemeinsames und kooperatives Vorgehen in Bezug auf die Erstellung und Umsetzung des nationalen Wiederherstellungsplanes gem. Art. 14 der Verordnung.
2. Hauptbetroffene mit der Umsetzung betrauen: Die Kompetenz für Naturschutz liegt bei den Bundesländern, welche in Abstimmung mit dem BMK, dem BML und den betroffenen Sektoren den nationalen Wiederherstellungsplan entwickeln sollen.
3. Einrichtung einer Koordinierungsstelle: Bis Ende 2024 soll eine von allen Beteiligten gemeinsam getragene Koordinierungsstelle für die Umsetzung eingerichtet werden.
4. Fachspezifische Arbeitsgruppen: Die jeweils betroffenen Sektoren, insbesondere Land-, Forst- und Wasserwirtschaft, sind bei der Erstellung von Umsetzungsprojekten einzubeziehen. Die Einrichtung von fachspezifischen Arbeitsgruppen zur Ausgestaltung der Bereiche Land-, Forst- und Wasserwirtschaft ist dabei zentral. Unter Einbindung aller relevanten Stakeholder sollen die Sektoren die Umsetzung in ihrem Verantwortungsbereich federführend ausgestalten können.
5. Abstimmung bei Studien und Maßnahmen: Alle Grundlagenarbeiten werden in enger Abstimmung mit zuständigen Stellen und Sektoren durchgeführt.
6. Finanzielle Auswirkungen und Kosten der Umsetzung für die betroffenen Sektoren sowie Folgekosten sind zu kalkulieren und bereits im Vorfeld abzuschätzen. Mit dem nationalen Wiederherstellungsplan müssen entsprechende Ausgleichszahlungen für zu setzende Maßnahmen sichergestellt werden.
7. Anerkennung bisheriger Anstrengungen: Bereits geleistete Naturschutzmaßnahmen bzw. Vorleistungen werden bei der Planung berücksichtigt und anerkannt. Das Eigentum der Betriebe und Gemeinden muss geschützt werden.
8. Erhalt der Infrastruktur: Die (Basis-)infrastruktur des ländlichen Raums in Österreich, wie z.B. Energieanlagen, Sicherheitsinfrastruktur, Verkehrsinfrastruktur, touristische Infrastruktur etc., darf durch Renaturierungsmaßnahmen nicht gefährdet werden, da sie im öffentlichen Interesse stehen.
9. Erhalt der Lebensmittelproduktion: Die Lebensmittelproduktion in Österreich darf durch den Wiederherstellungsplan nicht gefährdet werden. Renaturierung in Europa darf nicht zur Auslagerung der Produktion in Drittländer und in weiterer Folge zu Regenwaldrodung führen!
10. Bürokratie vermeiden: Zusätzliche bürokratische Belastungen sollen vermieden werden. Für die Festlegung und die Bewertung des Erhaltungszustands sind europaweit einheitliche Indikatoren sicherzustellen, um unterschiedliche Bewertungsmaßstäbe in den Mitgliedstaaten zu verhindern (kein Gold Plating).
11. Priorität für Vertragsnaturschutz: Das Anreizsystem im Naturschutz, insbesondere der Vertragsnaturschutz, soll weiterhin Priorität haben.