Philosophie „Breitwasser statt Hochwasser“ vereint Sicherheit mit Ökologie und Umweltschutz sowie Naherholung
Salzburger Landeskorrespondenz, 18. September 2024
(LK) So viel Regen wie sonst in einem ganzen Monat innerhalb von wenigen Tagen. Auch in Salzburg waren die Niederschläge mit weit mehr als 200 Liter pro Quadratmeter intensiv, die Katastrophe blieb allerdings aus. Dafür sehen die Experten zwei Gründe: Der Schneefall in den Bergen hat viel Wasser gebunden und der moderne Hochwasserschutz in Salzburg hat gewirkt. Seit Jahren wird auf das Motto „Breitwasser statt Hochwasser“ gesetzt. 75 Kilometer wurden bereits aufgeweitet, die Aufweitung der Salzach bei der Antheringer Au wird ein Schlüsselprojekt.
Den Flüssen wieder mehr Platz geben – auf diesen notwendigen Ansatz des Hochwasserschutzes setzt Salzburg seit Jahren. Die Maßnahmen gehen außerdem mit einer besseren Gewässerökologie und mit neuen Naherholungsmöglichkeiten einher. Aktuelle Beispiele: Die Saalach bei Wals-Siezenheim, aber auch zum Beispiel die Gasteiner Ache in Bad Hofgastein oder die Enns in Radstadt. In den kommenden Jahren wird auch die Salzach auf zehn Kilometer Länge in der Antheringer Au aus ihrem Korsett befreit. Für flussabwärts liegende Gemeinden wie Oberndorf sind das richtig gute Nachrichten.
Schwaiger: „Wichtige Schutzmaßnahmen.“
Landesrat Josef Schwaiger ist überzeugt, dass jeder investierte Cent in den Hochwasserschutz eine Investition in die Zukunft ist. „Jeder Hochwasserschaden, den wir verhindern können, ist wichtig im Sinne der Sicherheit der Salzburgerinnen und Salzburger. Die Schäden machen meist ein Vielfaches der Kosten für Schutzmaßnahmen aus. Und man darf auch auf das menschliche Leid nicht vergessen, wenn man alles verliert, was man sich ein Leben lang aufgebaut hat. Diese Tage zeigen uns das wieder ganz deutlich, denn die Menschen in den Hochwassergebieten aktuell zum Beispiel in Niederösterreich leiden enorm“, so der Landesrat.
Große Chance Antheringer Au
Als große Chance für den Hochwasserschutz – zusätzlich zum Naturschutz und zur Naherholung – sieht Landesrat Schwaiger die Aufweitung der Salzach in der Antheringer Au. „Dieses Projekt wird auch wesentlich zum Klimaschutz beitragen. Der Klimawandel lässt Extremwetterereignisse weitaus öfter vorkommen, es ist also nur verantwortungsvoll, wenn wir dagegen etwas tun. Weiters haben wir zum ersten Mal die Gelegenheit, einen Fluss wie die Salzach auf einer Länge von zehn Kilometern aufzuweiten. Diese Maßnahme wird merkbar zum Schutz der flussabwärts liegenden Orte beitragen“, betont Schwaiger.
Effektiver Hochwasserschutz
Der moderne Hochwasserschutz – dem Wasser mehr Platz zu geben – wurde im Bundesland Salzburg bereit auf einer Flusslänge von rund 75 Kilometer umgesetzt. Dafür wurden in den vergangenen 25 Jahren rund 300 Hektar Grund gekauft. Seit dem Junihochwasser 2013 wurden rund 120 Millionen Euro in Hochwasserschutz und flussbauliche Verbesserungen investiert. Dazu kommen jährlich rund 35 Millionen Euro für den Schutz vor Wildbächen und Lawinen. Fazit: Rund 16.500 Menschen leben jetzt sicherer, mehr als 3.100 Häuser und Firmengebäude wurden geschützt. Der dadurch verhinderte Schaden: rund 200 Millionen Euro.
Schlüsselprojekt Salzachauen
Besonders effektiv und großflächig wird die Aufweitung der Salzach bei der vom Land Salzburg gekauften Antheringer Au. „Die Renaturierung findet auf rund zehn Kilometer Länge statt, es wird ein neuer Nebenarm der Salzach entstehen, der Fluss bekommt insgesamt wieder mehr Platz. Das ist im Hochwasserschutz der einzig zeitgemäße Zugang und das können wir auf so einer Länge und in dieser Größe nur hier realisieren. Die Dämpfung der Hochwasserspitzen ist hier ein wesentlicher Punkt, aber insgesamt profitiert die Gewässerökologie enorm“, betont Dominik Rosner, Abteilungsleiter Wasser beim Land Salzburg.
Schlüsselprojekt Tauerntäler
Aufweitungsmaßnahmen gab es auch entlang der Salzach im Oberpinzgau, weitere werden geprüft. Dort ist man laut Experten aber fast am Zenit der technischen Maßnahmen im Talboden angekommen. Zur Sicherheit der Bevölkerung tragen die Rückhaltebecken in den Tauerntälern bei – was derzeit in Planung ist – um die Zubringer zur Salzach zu „entschärfen“. Ebenfalls ein Schlüsselprojekt – in dem Fall für rund 45.000 Menschen, die zwischen Krimml und Kaprun leben.
Überblick Schlüsselprojekte in Salzburg (Beispiele)
- Planungsphase: Salzachaufweitung auf rund zehn Kilometer (Antheringer Au)
- Planungsphase: Retentionsräume und Rückhaltebecken an der Salzach und in den Tauerntälern
- Planungsphase: „Salzachplan“ zwischen Kraftwerke Urstein und Lehen
- Planungsphase: Fischach und Markterbach, Seekirchen
- Planungsphase: Wallerbach und Statzenbach, Neumarkt
- Planungsphase: Rosittenbach, Grödig
- In Bau: Saalach, Wals-Siezenheim
- In Bau: Gasteiner Ache, Bad Hofgastein
- In Bau: Großarler Ache, Großarl
- In Bau: Enns, Radstadt (Verbesserung HWS)
- Fertig: Saalach, Unken
- Fertig: Saalach, Saalfelden – Uttenhofen
- Fertig: Salzach, Neukirchen – Neudau
- Fertig: Enns, Flachau, Altenmarkt
- Fertig: Salzach, Hallein, Kuchl, Golling, Oberndorf
- Fertig: Oberndorf, Frauenbach
- Fertig: Saalach, Weißbach, Lofer, St.Martin, Wals-Siezenheim-Grünau
- Fertig: Salzach, Zell am See und Bruck, Mittersill, Hollersbach, Uttendorf, Neukirchen-Rosental, Wald, Stuhlfelden, Niedernsill
- Fertig: Mur, St. Michael im Lungau, Unternberg
Preisgekrönte Renaturierung
Eines der Musterbeispiele für eine Renaturierung in Salzburg ist die Mur im Lungau. St. Michael wurde für die Aufweitung des Flusses mit dem „Neptun“ als Österreichs Wassergemeinde ausgezeichnet. Das Zusammenspiel von Hochwasserschutz, besserer Ökologie und Naherholung wird hier besonders deutlich, Mensch und Natur profitieren.