Kunstherz als Chance für Menschen mit terminaler Herzinsuffizienz
2019 – vor fünf Jahren also – wurde am Kepler Universitätsklinikum erstmals in Oberösterreich ein Kunstherz (LVAD) bei einem erwachsenen Patienten implantiert. Mittlerweile wurden insgesamt 24 Implantationen – neun davon alleine in den vergangenen 12 Monaten – durchgeführt. Das Kepler Universitätsklinikum ist damit nach Wien führend bei diesen Eingriffen.
Für eine LVAD-Implantation kommen Patientinnen bzw. Patienten mit einer sogenannten „terminalen Herzinsuffizienz“ in Frage, also einer Herz- bzw. Herzmuskelschwäche, bei der alle anderen zur Verfügung stehenden Therapieoptionen wie Medikamente, Koronar-Stents, Bypassoperationen, Herzschrittmacher etc. bereits voll ausgeschöpft wurden und leider nicht den gewünschten Erfolg erzielen konnten. Daher ist die Kunstherzimplantation für die Betroffenen eine überlebensnotwendige Therapieoption.
Herzinsuffizienz ist in Europa die häufigste Entlassungsdiagnose stationär behandelter Patientinnen und Patienten, die älter als 65 Jahre sind. In Österreich leiden circa 160.000 Menschen daran und pro Jahr gehen rund 27.000 Krankenhausaufnahmen auf diese Erkrankung zurück. Die chronische ischämische Herzkrankheit, bei der eine Einengung bzw. ein Verschluss eines oder mehrerer Herzkranzgefäße vorliegt, ist die häufigste Ursache der Herzinsuffizienz und gleichzeitig die häufigste Todesursache in Europa.
Zusätzlich gibt es noch andere Grunderkrankungen, die zu einer Herzschwäche führen können (z.B. Herzklappenerkrankungen, Herzmuskelentzündungen – als Folge einer Chemotherapie…). Diese weiteren Ursachen für eine Herzschwäche bilden die vierthäufigste Todesursache in Europa.
Im Endstadium (terminale Herzinsuffizienz) ist diese Herzschwäche nur noch durch eine Herztransplantation oder eine Kunstherzimplantation behandelbar.
LVAD – left ventricular assist device – oder kurz „Kunstherz“
„LVAD“ steht für left ventricular assist device und wird im Volksmund als „Kunstherz“ bezeichnet. Technisch gesehen handelt es sich dabei um eine magnetisch gelagerte Zentrifugalpumpe, die innerhalb eines Pumpenkopfes direkten Blutkontakt hat und das Blut mit kontinuierlichem Fluss und einer Pumpleistung von circa drei bis sechs Liter pro Minute (entspricht der Pumpleistung eines gesunden Herzens) aus der linken Herzkammer abzieht und in die Körperschlagader zurück pumpt. Diese Pumpe liegt vollständig im Brustraum innerhalb des Herzbeutels. Sie ist über ein Kabel durch die Haut mit einer Steuereinheit verbunden und wird über zwei Akkus mit Strom versorgt. Die Patientin bzw. der Patient tragen die Steuereinheit und Akkus stets mittels eines Gürtels am Körper.
Möglich ist die komplexe Implantation nur durch die enge Zusammenarbeit der Teams der Universitätsklinik für Herz-, Gefäß- und Thoraxchirurgie, der Klinik für Kardiologie und Internistische Intensivmedizin und der Universitätsklinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin.
Alle drei genannten Fachbereiche des Kepler Universitätsklinikums haben eine ausgewiesene Expertise in der interdisziplinären Behandlung von Patientinnen und Patienten mit schwersten Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems inklusive der vorübergehenden mechanischen Herz-Lungenunterstützung mittels ECMO und/oder Impella-Therapie. Dies gilt für alle beteiligten Berufsgruppen (Pflege, Kardiotechnik, ärztliches Personal) und natürlich erfüllt auch der moderne Hybrid-Operationssaal am Kepler Universitätsklinikum alle für diese Eingriffe nötigen Voraussetzungen.
Drei optionale Therapieziele
Drei verschiedene Therapieziele werden durch eine LVAD-Implantation ermöglicht:
- „Bridge to recovery“: Es gibt Formen der Herzschwäche (z.B. virale Herzmuskelentzündungen), bei denen sich das Herz wieder soweit erholen kann, dass das LVAD nach einer gewissen Zeit wieder erfolgreich explantiert werden kann.
- „Bridge to transplant“: Vor allem bei jüngeren Patientinnen bzw. Patienten (bis ca. 65 Jahren) bietet sich die Möglichkeit an, ein LVAD zu implantieren und diese gleichzeitig auf die Warteliste für eine Herztransplantation zu setzen. Mehrere Studien haben gezeigt, dass dadurch die Sterblichkeit auf der Warteliste für ein Spenderherz signifikant reduziert werden kann. Dies ist vor allem in Hinblick auf die stetig länger werdenden Wartezeiten auf Organspenden sehr wichtig.
- „Destination therapy“: Die mögliche Unterstützungsdauer eines implantierten LVADs hat sich in den letzten Jahren durch technische Weiterentwicklungen stetig verlängert. Mittlerweile kann ein solches Kunstherz bis zu 10 Jahre und länger funktionieren, ohne ausgetauscht werden zu müssen. Die Fünfjahres-Überlebensraten liegen dabei, je nach Bericht, bei 60 Prozent und darüber. Dadurch ist eine dauerhafte LVAD-Unterstützung als definitive Therapie möglich geworden.