Nahezu alle politischen Entscheidungsträger:innen und auch die Sozialpartner fordern mittlerweile ein umfassendes Kinderbildungs- und betreuungsangebot, das Eltern Vollzeitarbeit ermöglicht. Auf dem Weg zum „Kinderland Nr. 1“ braucht es insbesondere für die Gemeinden zusätzliche Mittel um flächendeckend qualitativ hochwertige Kinderbildung- und -betreuung zu schaffen. Eine aktuelle AK-Studie zu Kriterien für einen qualitätsvollen Ausbau elementarpädagogischer Bildungs- und Betreuungseinrichtungen weist auf Schwachstellen, aber auch auf Lösungsansätze hin. „Bei Verfügbarkeit und Qualität von Kinderbildungs- und -betreuungsplätzen besteht in Oberösterreich ungebrochen Handlungsbedarf“, sagt AK-Präsident Andreas Stangl (Beitragsbild).
Oberösterreich hat nach wie vor Aufholbedarf in der Kinderbildung und -betreuung. Besonders für Kinder, die Krabbelstuben besuchen, stehen derzeit zu wenige Plätze zur Verfügung. Die „Besuchsquote“ bei den Unter-Dreijährigen lag im Vorjahr bei lediglich 22,3 Prozent. Das ist österreichweit der zweitniedrigste Wert und liegt deutlich unter dem Österreich-Durchschnitt von 32,8 Prozent.
Bei den sogenannten VIF-Plätzen (Vereinbarkeitsindikator für Familie und Beruf), die Eltern Vollzeitarbeit ermöglicht, sieht es ebenfalls trist aus. In Oberösterreich stehen derartige Plätze nur 6,4 Prozent dieser Altersgruppe zur Verfügung. In den anderen Bundesländern (ohne Wien) sind es durchschnittlich immerhin 17,2 Prozent. Um als VIF-konform zu gelten, müssen Einrichtungen wöchentlich mindestens 45 Stunden, von Montag bis Freitag und an vier Tagen pro Woche mindestens 9,5 Stunden sowie mindestens 47 Wochen im Kindergartenjahr geöffnet sein. Zudem müssen sie ein Mittagessen anbieten.
Sieben von zehn Krabbelstuben und Kindergärten schließen vor 16 Uhr
Öffnungszeiten, die Familie und Beruf vereinbar machen, sind ein zentrales Anliegen der Eltern. Die gesetzliche Ausweitung der jährlichen Mindestöffnungszeit auf 47 Wochen bedeutet zwar eine deutliche Verbesserung, betrachtet man aber die täglichen Öffnungszeiten, so zeigt sich, dass in Oberösterreich sieben von zehn Krabbelstuben und Kindergärten bereits vor 16 Uhr schließen. Damit liegt Oberösterreich im Bundesländervergleich mit 71 Prozent abgeschlagen an letzter Stellte. Zum Vergleich: Am vorletzten Rang befindet sich Tirol mit 52 Prozent.
Oberösterreich weist im Bundesvergleich mit 55 Prozent die höchste Teilzeitquote unter Frauen auf und hat gleichzeitig die zweitniedrigste Besuchsquote bei Unter-Dreijährigen.
Bessere Arbeitsbedingungen entlasten Beschäftigte und erhöhen Bildungsqualität
Wesentliches Kriterium für qualitätsvolle Bildungsarbeit ist, wie viele Kinder auf eine Fachkraft kommen und wie groß eine Gruppe ist. Die schrittweise Reduktion der Gruppengröße im Kindergarten, wie sie in Oberösterreich bis 2028/29 geplant ist, ist eine wichtige Maßnahme.
Ein wichtiger Aspekt für die Arbeitszufriedenheit der Beschäftigten ist zudem die Möglichkeit, ihre steigende Aufgabenfülle gut erledigen zu können. Neben administrativem Unterstützungspersonal sind mehr Ressourcen für soziale und sozialpädagogische Arbeit sowie für Sprachförderung nötig. „Es braucht dringend Maßnahmen, um die Arbeitszufriedenheit in der Elementarpädagogik zu erhöhen. Dazu gehört auch eine Ausbildungsoffensive um den Fachkräftebedarf decken zu können“, so AK-Präsident Stangl.
In der Elementarpädagogik ist Vieles auf Bundesländerebene geregelt, sodass sich für Kinder, Eltern und Beschäftigte große regionale Unterschiede ergeben. Aus der AK-Studie geht hervor, dass hier Handlungsbedarf besteht.
Die Arbeiterkammer Oberösterreich fordert daher:
- einen bundesweit verbindlichen Qualitätsrahmenplan für Krabbelstuben und Kindergärten
- den massiven Ausbau von VIF-konformen Kinderbildungs- und -betreuungsplätzen mit flexiblen Öffnungszeiten, die auch Randzeiten abdecken
- ein zweites verpflichtendes Gratiskindergartenjahr für alle Kinder
- einen Rechtsanspruch auf einen qualitätsvollen institutionellen Betreuungsplatz ab dem zweiten Lebensjahr
- einen massiven Ausbau von Integrationsplätzen und die Aufstockung der dafür vorgesehenen finanziellen Mittel sowie einen Ausbau der Sprachförderung
- eine Ausbildungsoffensive in der Kinderbildung und Kinderbetreuung, um fehlendes Personal rasch besetzen zu können
- die sofortige Abschaffung der Nachmittagsgebühr für Kinderbildungs- und Betreuungseinrichtungen